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Als Friedrich Engels 1845 "Die Lage der arbeitenden Klasse in England" veröffentlichte, war dies eine grosse Sensation. Zum ersten Mal lenkte eine sozialwissenschaftlich-empirische Arbeit, verquickt mit politischen und philosophischen Theoriemomenten, ihre Aufmerksamkeit auf die Lebensbedingungen von Arbeitern. Anlässlich des 120. Jahrestages des Todes von Engels 2015 scheint es passend, den aktuellen Diskurs über die Stadt und seine wirtschaftlichen und kulturellen Dimensionen zu untersuchen.
Die gegenwärtige Situation wird durch Änderungen in den wirtschaftlichen und kulturellen Geographien von Städten charakterisiert, die ähnlich tiefgreifend zu sein scheinen wie diejenigen, welche Engels Mitte des neunzehnten Jahrhunderts analysierte. Eine durch von Dienstleistungsindustrien dominierte Gesellschaft führt zum Entstehen eines neuen Prekariat, das sich in Städten behaupten muss, in der gleichzeitig die Planungssysteme zunehmend verschwinden, die ursprünglich geschaffen wurden, um die Auswüchsen des Manchester-Kapitalismus zu verhindern. Vergleichbar mit der von Engels beschriebenen Situation der Stadt der industriellen Revolution, tendiert dieses neue Prekariat dazu, unsichtbar zu sein. Während Städte sozial wieder stärker getrennt werden, als sie seit langem gewesen sind, sind es hauptsächlich alltägliche Situationen zu Beginn der rush hour in öffentlichen Verkehrsmitteln, in denen der demografische und wirtschaftliche Wandel sichtbar wird. Dort können wir die Reinigungskräfte, die Krankenschwestern, die Sicherheitsarbeiter oder all diejenigen treffen, die in der Lebensmittelversorgung arbeiten, die zwischen ihrem Zuhause (meist in der Peripherie) und verschiedenen Arbeitsstätten pendeln, und die nur überleben, wenn sie mehrere Jobs haben. Die Stadt der neuen working class ist eine Stadt 'en route, to work’.
Was bedeutet die Forderung von Engels nach der "räumlicher Gerechtigkeit", in den aktuellen Verhältnissen? Welche Formen der Darstellung machen Prozesse sichtbar, die viele Städte brauchen und präsentieren möchten, aber die gewöhnlich aus dem Blickfeld der städtischen Renaissance ausgeschlossen sind? Können Entwerfer auf die Flüchtigkeiten der aktuellen Situation reagieren, und welche programmatische, organisatorischen sowie ästhetische Strategien können entwickelt werden, um dies zu erreichen? Das sind einige der Fragen, die wir gern in der Heimatstadt von Engels auf der Konferenz 'En route to work' besprechen möchten, die für den 14. und 15. Januar 2016 in Wuppertal geplant ist. Die Konferenz, die durch die Fakultät für Architektur und Bauingenieurwesen der Universität Wuppertal und dem Historischen Zentrum Wuppertal veranstaltet wird, will Sozialwissenschaftler, Philosophen, Historiker und Entwerfer zusammenbringen, um zu untersuchen, wie diese neuen Herausforderungen unsere Städte bereits gestalten, und wir durch intelligente Strategien der Darstellung und des Designs darauf reagieren können.
Vortragende
Ewald Engelen (Amsterdam) ist Wirtschaftsgeograph, Professor an der Universität Amsterdam, und einer der Autoren des Artikels: “How to build a fairer city” (The Guardian, 24 September 2013)
Karel Williams (Manchester) ist Wissenschaftler am Centre for Research on Socio-cultural Change und Professor für Politische Ökonomie an der Universität Manchester, Ko-Autor von “How to build a fairer city.
http://www.theguardian.com/cities/2014/sep/24/manifesto-fairer-grounded-city-sustainable-transport-broadband-housing
Franziska Bollerey (Delft/ Berlin) ist emeritierte Professorin für Architektur- und Städtebaugeschichte an der Technischen Universität Delft. Ihre Interessensgebiet umfassen unter anderem Utopische Konzepte der Moderne und die Stadtgeschichte der 1920er Jahre. Umfangreiche Buchpublikationen, worunter Architekturkonzeptionen der utopischen Sozialisten (2. Ausg. 1991), Cornelis van Eesteren. Urbanismus zwischen de Stijl and C.I.A.M. (1999) und Myth Metropolis. The City as a Motif for Writers, Painters and Film Directors (2nd ed. 2010). 2015 war erarbeite sie einen Beitrag zur Ausstellung Wohnungsfrage im Haus der Kulturen der Welt, Berlin.
Lionel Devlieger (Brüssel) ist Partner von ROTOR, einem Kollektiv von Menschen, die sich alle für den “material flow” beim Bauen interessieren. Auf praktischer Ebene konzipiert und realisiert ROTOR Projekte in Architektur und Design, auf Ebene der Theorie entwickelt es kritische Positionen zur Gestaltung, Materialen, Ressourcen und Abfall durch Forschung, Austellungen, Publikationen und Konferenzen.
http://www.rotordb.org
Katherine Clarke (London) ist Partner von muf architecture/art, die als Spezialisten für die Architektur und Kunst des öffentlichen Raumes arbeiten. Ihre Herangehensweise ist geprägt von der Ambition, potenzielle Genüsse zutage treten zu lassen, die zwischem dem Gelebten und dem Gebauten existieren. http://www.muf.co.uk
Tom Emerson (London) ist Partner (mit Stephanie Macdonald) von 6A architects. Er lehrte an der Architectural Association und in Cambridge und publizierte Artikel zu Architektur, Literatur und Kunst. 2010 wurde er zum Professor für Architektur an die ETH Zürich berufen. Stephanie Macdonald leitet die innovative Außenstelle von 6a am Institute for Contemporary Arts. http://www.6a.co.uk/information
Die Teilnahme am Symposium ist gratis. Um Anmeldung wird freundlich gebeten: agt(at)uni-wuppertal.de