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Mies van der Rohe: Die Collagen aus dem MoMA

Ausstellung: 28. Oktober 2016 – 12. Februar 2017
Eröffnung: Donnerstag, 27. Oktober 2016, um 19.00 Uhr
Ludwig Forum Aachen

Im Rahmen des fünfjährigen projekt bauhaus interessiert sich ARCH+ für das Bauhaus aus der Perspektive der Gegenwart. projekt bauhaus hält wesentliche Teile der Programmatik der klassischen Moderne auch für die Gegenwart für wegweisend – sei es die Orientierung der Gestaltung am Gebrauch und an der Funktion, sei es der Glaube an die emanzipatorischen Möglichkeiten der Gestaltung, sei es, verschiedene Formen zeitgenössischen Wissens mit der Gestaltung zu verbinden und heutige Technologien zu nutzen, sei es Kritik an der Gegenwart durch Gestaltung. Uns interessieren die Ambitionen und Methoden des Bauhauses. Im Sinne einer reflexiven Moderne gilt es, auch die Entwicklungs- und Wirkungsgeschichte des historischen Bauhauses zu untersuchen und kritisch zu reflektieren. Der auf fünf Jahre angelegte Arbeitsprozess versteht sich als eine kritische Inventur der Bauhaus­ideen, um deren utopischen Überschuss für die Gegenwart fruchtbar zu machen.

In diesem Kontext freuen wir uns, die Ausstellung Mies van der Rohe: Die Collagen im Ludwig Forum Aachen als Medienpartner begleiten zu dürfen. Denn was wir an der Ausstellung lernen können, ist in welcher Weise Mies die moderne Architektur als eine Form von Medium begriffen hat, wie Beatriz Colomina in ihrem Beitrag "Medienarchitektur oder Von der Architektur des Bildes" in ARCH+ 204 "Krise der Repräsentation" festgestellt hat. Niemand, so Colomina, hat besser als Mies verstanden, dass "moderne Architektur vom massenmedialen Bild handelt". Es waren "Papierarchitekturen", nie realisierte Entwürfe und ihre mediale Verbreitung, "die Mies überhaupt erst zu einer historischen Figur machten". Mehr als je zuvor sind wir heute mit dem Problem konfrontiert, dass Architektur ein Medium geworden ist. Was können wir von Mies kanonische Darstellung heute lernen?

Nun sind eine Vielzahl der großformatigen Originale erstmals in großer Zahl im Ludwig Forum Aachen versammelt. Es wird sowohl die Bandbreite von Mies Darstellungsweisen präsentiert, als auch einzelne ausgewählte Werke von Künstlern, die in unmittelbarem Bezug zu den Collagen stehen oder aus der privaten Sammlung des Architekten stammen. Somit wird eine Gegenüberstellung mit Werken geboten, auf die in den Collagen Bezug genommen wird oder die als Impulsgeber fungiert haben. Die Ausstellung wird zudem von Werken zeitgenössischer Künstler wie Thomas Ruff, Mischa Kuball oder Sarah Morris begleitet, die sich unmittelbar mit Mies’ Schaffen auseinandersetzen. Unsere Empfehlung: Unbedingt hingehen! Ein Umweg lohnt sich.

Begleitend zur Ausstellung finden zwei Symposien statt:

Collage/Montage: Mies van der Rohe und die Bildlichkeit der Architektur
02.- 03. Dezember 2016

Working with Mies – Aktuelle Fragestellungen zu Ludwig Mies van der Rohe in der Architektur und Kunst
21. Januar 2017 

Mies van der Rohe: Die Collagen 

Ludwig Mies van der Rohe (1886–1969), einer der bedeutendsten Architekten des 20. Jahrhunderts, schuf zwischen 1910 und 1965 eine Vielzahl von Fotomontagen und Collagen, die auf faszinierende Weise die Gestaltungsprinzipien seiner Architektur verdeutlichen. Diese meist großformatigen Arbeiten sind jedoch weit mehr als skizzenhafte Begleiter architektonischer Entstehungsprozesse: Sie sind eigenständige Kunstwerke, die die baulichen Visionen des in Aachen geborenen Architekten zeigen. Im Kontext von moderner und zeitgenössischer Kunst präsentiert die Ausstellung mit rund 50 Leihgaben aus dem MoMA, dem New Yorker Museum of Modern Art, weltweit erstmalig in diesem Umfang die Collagen des international renommierten Architekten.

Kaum eine bildnerische Technik reflektiert die ästhetischen Prinzipien, den Zeitgeist und das Lebensgefühl der Moderne wie die der Collage und Montage. Der durch Krieg, Revolution und Industrialisierung geprägte Erfahrungs- und Wahrnehmungswandel schlägt sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts gleichermaßen in Zeitungen und Magazinen, in den bildenden und darstellenden Künsten nieder. Schon früh kamen Collage und Fotomontage auch in der Architektur zur Anwendung. Unter dem Einfluss von Dada, Konstruktivismus und De Stijl nutzte Mies van der Rohe wie kaum ein anderer Architekt diese neuen Bildtechniken, um seine künstlerischen Ideen zum Neuen Bauen zu visualisieren.

Abrupte Blickwechsel, die Freiheit von Perspektive, Ort und Zeit, das Montieren von vorgefundenen Elementen und eine auf verschiedene Materialien konzentrierte Ästhetik, wie sie bei Mies zum Einsatz kommen, stehen in einem historischen Kontext zu Künstlern wie Kurt Schwitters, Theo van Doesburg, Hans Richter und Laszlo Moholy-Nagy, um nur einige Protagonisten der künstlerischen Avantgarde zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu nennen, die in der Ausstellung die Werke von Mies kontextualisieren.

Die Ausstellung spannt ihren zeitlichen Bogen von einem ersten, noch von Ludwig Mies van der Rohe und seinem Bruder Ewald Mies gemeinsam eingereichten Entwurf für das Bismarck-Denkmal am Rhein (1910) über seine visionären Entwürfe für Glashochhäuser in Berlin (1922) und seine Tätigkeit in den USA ab 1937/38 bis hin zu seinen späten Werken wie dem Entwurf für die Neue Nationalgalerie in Berlin aus den 1960er Jahren. Die Präsentation der Werke folgt dabei einerseits der Chronologie der Entwurfe und Projekte von Mies, andererseits beleuchtet sie den zeithistorischen und kunstlerischen Kontext.

Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf den fließenden Grenzen zwischen bildender Kunst und Architektur: Mies verwendete in fast allen Collagen Reproduktionen von Kunstwerken befreundeter oder sehr geschätzter Künstler, deren Werke er zum Teil selbst sammelte und die im Kontext seiner Ästhetik für ihn offenbar eine besondere Bedeutung hatten. Werke z.B. von Paul Klee, Wilhelm Lehmbruck, Georges Braque und Aristide Maillol integrierte er bevorzugt in seine Collagen. Ausgewählte Kunstwerke einiger dieser Künstler werden ebenfalls in der Ausstellung gezeigt, um den freien und innovativen Umgang des Architekten mit der Kunst zu verdeutlichen.

In der Ausstellung werden biografisch, chronologisch und werkbezogen die Strategien, Innovationen und Formulierungen des Architekten über mehr als ein halbes Jahrhundert entfaltet. En passant wird die Ausstellung von Werken zeitgenössischer KünstlerInnen begleitet, die sich wie Sarah Morris, Thomas Ruff, Julia Weißenberg, Iñigo Manglano-Ovalle, Christian Odzuck, Mischa Kuball unmittelbar mit Mies’ Schaffen auseinandersetzen oder eigens Kunstwerke für die Schau konzipiert haben.