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Artefakt und Raumbild

– eine Rückschau auf die Ausstellung MANtransFORMS von Cornelia Escher

Die Ausstellung MANtransFORMS: Die Dokumente an der ETH Zürich trifft in ein aktuell boomendes Diskussionsfeld: Sie reflektiert, wie man Architektur ausstellen kann und wie sich Architektur und Ausstellung zueinander verhalten. Dabei erscheint es als geschickter Zug, ein Beispiel aus den 1970er-Jahren auszuwählen – die Ausstellung MANtransFORMS 1976 am Cooper-Hewitt Museum – in der die Neuansätze dieser Phase geradezu exemplarisch zutage treten. Deutlich wird die besondere Rolle des Architekten, der sich in ein Feld von Kunst und Theorie hineinwagt. Zugleich öffneten sich die Museen für Künstler und Architektinnen als Kurator*innen; auch traditionsorientierte Häuser begannen, die Räume ihrer Sammlungen durch ungewöhnliche Inszenierungen zu beleben.

MANtransFORMS – die Ausstellung, die Hans Hollein und die Direktorin des Cooper-Hewitt Museums Lisa Taylor im Dialog entwickelten – schreibt sich in diese Tendenzen ein. Hollein trat dabei als Ausstellungsgestalter und -kurator in Personalunion auf. Die Aufgabe bestand in der Neuinszenierung der bestehenden Sammlung des Cooper-Hewitt Museums, das mit dem Beinamen Smithsonians Institution’s National Museum of Design wiedereröffnete. Charakteristischerweise stand dabei nicht mehr die Sammlung selbst im Zentrum, sondern das Museum als erlebbarer und inszenierter Raum. Aus den Entwürfen und Konzepten können wir zugleich die Originalität des Architekten erspüren und seine eigene Handschrift erkennen: Dinge werden zu assoziativen Zeichen und historisch unterlegten Artefakten. Thematisch näherte sich die Schau dem Design als Handwerk und gestalterischer Praxis mit kulturhistorischem Horizont.

MANtransFORMS: Die Dokumente, gezeigt im Ausstellungsraum des Instituts für Geschichte und Theorie der Architektur der ETH Zürich, versucht keine Rekonstruktion der historischen Präsentation. Vielmehr laden die Kuratoren Samuel Korn und Laurent Stalder die Besucher*innen ein, einem Blick hinter die Kulissen des Ausstellungsmachens zu werfen. Die Schau ist einem abwesenden Artefakt gewidmet, dessen Raumbilder das Ausstellungsdesign von Petra Blaisse bewusst nicht wachruft. Ihr Parcours führt durch die Segmente Vorgaben, Konferenzen, Entwürfe, Dokumentation, Theorie. In fünf Schritten wird deutlich, wie sich Holleins und Taylors Konzept vom Text über die netzwerkartige Mind-Map zur räumlichen Inszenierung ausformte.

Eine Besonderheit bei der Gestaltung der Ausstellung des Cooper-Hewitt Museums war, dass im Verlauf der Planung weitere Architektinnen und Gestalter als Gastkurator*innen eingeladen wurden. Im Verlauf der Ausstellung am Institut gta kann man nun verfolgen, wie die einzelnen Beteiligten ausgewählte Motive – die vier Elemente sowie ihnen zugeordnete Artefakte – über unterschiedliche Stufen hinweg entwickelten. Dabei begegnen sie auch den temporären und nicht finalisierten Ideen, etwa in einem ephemeren Auftritt von Madeleine Vriesendorp, aber auch in Holleins Auseinandersetzung mit Hammer und Sichel, von der aus politischen Gründen letztlich nur der Hammer blieb. Am beeindruckendsten wirkt vielleicht die Entstehung surrealistischer Raumbilder, wie Arata Isozakis Angel-Cage, der Vogelkäfige aus der Sammlung des Museums integrierte.

Zum Ende hin fügt sich schließlich das Gesamtbild der historischen Ausstellung zusammen, etwa in einer dokumentarischen Axonometrie Holleins, die es erlaubt, die einzelnen Bestandteile räumlich zu verorten. Photographische Raumansichten komplettieren das Bild. Der letzte Teil, Theorie, zeigt, wie die konzeptuellen Überlegungen während der Entstehung der Ausstellung, darunter Oswald Mathias Ungers‘ Studien zu städtischen Morphologien und Metaphern, später ins Medium des Buchs übersetzt wurden. Damit legt die Zürcher Schau offen, was ein Ausstellungsraum neben Artefakt und Raumbild sein kann: ein Ort architektonischer Theoriebildung.

Ausstellung MANtransFORMS: Die Dokumente, Institut gta, ETH Zürich, 3. November bis 9. Dezember 2016
3. November – 9. Dezember 2016