von Alexander Stumm
bauhaus imaginista, eine Zusammenarbeit zwischen der Bauhaus Kooperation, dem Goethe-Institut und dem Haus der Kulturen der Welt, ist ein mehrjähriges Forschungsprojekt mit Ausstellungsstationen im China Design Museum (Hangzhou), im National Museum of Modern Art Kyoto, dem Garage Museum of Contemporary Art (Moskau) sowie dem SESC São Paulo. Anlässlich des 100. Bauhaus-Gründungsjubiläums wird im März 2019 eine große Gesamtschau des Projekts im HKW gezeigt. Die Ausstellungen werden gemeinsam mit den lokalen Goethe-Instituten organisiert und durch Veranstaltungen wie Workshops und Symposien in Indien, den USA, Marokko und Nigeria erweitert.
Bauhaus als Netzwerk
bauhaus imaginista nimmt die vielfältigen, aber bisher wenig beachteten Verbindungslinien zu modernen Architekturströmungen und Bewegungen in Asien, Afrika, Nord- und Südamerika in den Blick. Ziel des Projekts ist, die eurozentrische Erzählperspektive zu verlassen und damit neue Narrative sichtbar zu machen. Das Bauhaus stellt sich so vielmehr als ein internationales Netzwerk dar, in dem die Ideen von unterschiedlichen Akteur*innen in den jeweiligen gesellschaftlichen und kulturellen Kontexten verhandelt und übersetzt – aufgegriffen, adaptiert und weiterentwickelt – wurden. Damit leistet es einen entscheidenden Grundlagenbeitrag für die postkolonialistische Erforschung des Phänomens. Dies ist auch der Grund dafür, dass sich die Kurator*innen Marion von Osten (Berlin) und Grant Watson (London) für eine dezentrale Ausstellungspräsentation entschieden, die die zusammen mit ihren Partnern vor Ort entwickelten Forschungsansätze sowie ihre unterschiedlichen Perspektiven auf das komplexe Phänomen widerspiegelt.
Vier Kapitel, die aus unterschiedlichen Formaten wie Ausstellungen, Workshops, Konferenzen oder Podiumsdiskussionen bestehen, gehen jeweils von einem spezifischen Bauhaus-Objekt aus: dem Bauhaus-Manifest von 1919, einer Collage von Marcel Breuer, der Zeichnung eines orientalischen Teppichs von Paul Klee und einem reflektorischen Lichtspiel von Kurt Schwerdtfeger. Diese Objekte sind Ausgangspunkte für spezifische Fragestellungen von bauhaus imaginista, über die transnationale Bezüge, Kontexte, Querverweise zu zeitgenössischen Debatten geschaffen werden.
Moving Away – The Internationalist Architect im Garage Museum in Moskau
Die Ausstellung Moving Away – The Internationalist Architect im Garage Museum of Contemporary Art in Moskau (12. Sept. bis 30 Nov. 2018) ist Teil des zweiten Kapitels. Sie beleuchtet, wie gestalterische und gesellschaftliche Bauhaus-Themen in der ehemaligen Sowjetunion weiterentwickelt wurden. Angelpunkt ist dabei Architekt und Stadtplaner Hannes Meyer, der 1928 Walter Gropius als Bauhausdirektor nachfolgte. Aufgrund seiner politisch-ideologischen Aktivitäten 1930 von der (sozialdemokratischen) Stadtverwaltung Dessau geschasst, emigrierte er mit einer Gruppe von Bauhaus Studierenden in die Sowjetunion und arbeitete in den folgenden Jahren als führende Figur der kommunistischen Stadtplanung.
Im Bauhaus galt Meyer nach seiner Emigration als Abtrünniger – Gropius selbst hatte ihn als Verräter diffamiert. Das Narrativ von Gropius setzte sich auch in der Architekturgeschichte durch, die ihn als technokratischen Funktionalisten stilisierte. Ein Buchprojekt über das Bauhaus als „Gegendarstellung“ der Geschichte, an dem Hannes Meyer seit 1947 in Mexiko arbeitete, wurde nie veröffentlicht. Dass das sogenannte Bauhaus Album und der gesamte Nachlass nach seinem Tod 1954 auf Archive in der ETH Zürich, dem DAM in Frankfurt sowie der Bauhaus Stiftung Dessau und dem Archiv der Moderne in Weimar aufgeteilt wurde, hat zweifellos dazu beigetragen, dass seine Leistungen in der Forschung lange vernachlässigt blieben.