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Performing Architecture

Eine Veranstaltungsreihe des Goethe-Instituts zur 16. Architekturbiennale in Venedig, noch bis 25.11.2018

Anlässlich der 16. Architekturbiennale – Biennale Architettura Venezia schafft das Goethe-Institut wiederholt mit dem Programmformat „Performing Architecture“ einen neuen experimentellen Raum an der Nahtstelle von Architektur, Choreographie, Kunst und Institution. Neben dem öffentlichen Raum, dem Stadtraum von Venedig mit all seinen Menschen stehen Wirkung und Bedeutung von Architektur und ihre gesellschaftliche Relevanz im Zentrum verschiedener künstlerischen Arbeiten und performativer Gesprächsrunden. Im Kontext der Ausstellung der Biennale in den Gardinis ermöglicht das Programm neue und hybride Denk- und Erfahrungsräume.

Am Motto Freespace der diesjährigen Architekturbiennale orientieren sich die Performances und Diskussionsrunden ebenso wie an den Themen diverser Pavillons, insbesondere des deutschen Pavillons (Unbuilding Walls) und des Schweizer Pavillon (Svizzera 240). Im Rahmen von PERFORMING ARCHITECTURE erzeugt die diesjährige Architekturausstellung ein produktives Spannungsfeld, das in unterschiedlichen Disziplinen ‚beheimateten‘ Künstler*innen und Expert*innen dazu einlädt, Modelle der Zusammenarbeit nicht nur neu zu denken, sondern gleichzeitig zu praktizieren. Der post-disziplinäre Ideenaustausch des Programms etabliert auch eine Bühne für die Verwobenheit internationaler und nationaler Schaffensprozesse und geht somit auch den weltweiten herausfordernden Fragestellungen des gesellschaftlichen Zusammenhalts nach.

 

PROGRAMM:

Narratives in boundless space
Johan Bettum, Stefan Wieland, Yara Feghali con Marco Baravalle, Piter Perbellini e Architecture and Aesthetic Practice
13. – 17. November, tagsüber
Installation in den S.A.L.E. Docks – Magazzini del Sale

Narratives in boundless Space beinhaltet dramatische Reflexionen in virtueller Realität über Venedig im Zeitalter des Hyper-Konsums von Bildern. Die Installation zeigt 9 Projekte, gestaltet durch die Studierenden der Städelschule Architecture Class unter Leitung von Johan Bettum. Die Projekte werden in der Installation auf physischen Inseln unter schwebenden Wolken präsentiert – beide digital abstrahiert vom städtischen Gewebe Venedigs.

Konzept und Design: Marco Baravalle und Piter Perbellini (S.a.L.E.-Docks), Stefan Wieland und Johan Bettum mit Soonam Lee und André Zakhia (Städelschule Architecture Class).
Akustische Beratung: Johannes Helberger, KLING KLANG KLONG.
Projekte: Prateek Bajpai, Soubhi Baraghit, Mijail Alexei Franulic Sippa, Haewook Jeong, Suyoung Ko, Soonam Lee, Amelia Marek, Panagis Marketos, Yeon Joo Oh, Jun Eui Song, Chawapol Watcharasukarn, André Zakhia.

Performing cultural infrastructures
Armen Avanessian, Chris Dercon, Ari Benjamin Meyers und andere
16. November, 18 Uhr
Talk in den S.A.L.E. Docks – Magazzini del Sale

Feste architektonische und institutionelle Strukturen und freies künstlerisches Arbeiten stehen schon lange nicht mehr in einem Gegensatz, sondern in Interaktion miteinander, d.h. dass Künstler oder Musiker ihre Ausbildungs- nicht anders als Produktions- und Ausstellungs- oder Aufführungsorte neu definieren. Was es dazu bedarf sind vielleicht weniger neue gebaute Institutionen, als neue institutionelle Infrastrukturen. Das Projekt Performing Architecture interessiert sich für die Schnittstelle von Architektur, Kunst und institutionellen Fragen, sowie die ihnen jeweils gemeinsamen Infrastrukturen.
In den letzten Jahren beobachten wir eine zunehmende Spannung zwischen neuen künstlerischen Ideen und etablierten institutionellen Logiken. Die Diskrepanz von künstlerischer Produktion und Institution scheint sich zudem von früheren zu unterscheiden. Es handelt sich weniger – so die Hypothese oder der Ausgangspunkt des Panels – um ein einfaches zeitliches Hinterherhinken ‚langsamerer’ oder träger Museen, Theater oder Akademien, sondern um neue Formen der Interaktion zwischen institutionellen Architekturen und künstlerischen Produktion, die immer öfter die Logiken etablierter Institutionen sprengen.


Displaying Cinematography: (Un-)Building Walls, Designing Architecture
Johanna Bruckner, Rebekka Kiesewetter, Marie-France Rafael, Christian Teckert, Clemens von Wedemeyer
Filme von: Johanna Bruckner, Marie-France Rafael, Clemens von Wedemeyer
17. November, 18 Uhr
Talk & Filme in den S.A.L.E. Docks – Magazzini del Sale

Der Raumbegriff spaltet sich einerseits in einen äußeren, messbaren, materiell-existierenden Raum und andererseits in einen inneren, rezipientenabhängigen Raum. In der Architektur wie auch im Film konstituieren sich Raumwahrnehmung und Raumwirkung immer ‚im Blick des Betrachters’, um zu einem imaginären Ganzen verbunden zu werden – einer Raumerfahrung. Angesichts der stetigen Technologisierung und Digitalisierung lässt sich von einem virtuellen Raum sprechen, der aber in seiner sozial-ökonomischen Wirkungsrealität dem materiell-existierenden Raum in nichts nachsteht.
Folgt man den Überlegungen der Architektin und Urbanistin Keller Easterling, gibt es keine Vorschrift für Architektur, sondern nur eine Technik um sie zu vollziehen und aktiv zu performen. Das Panel fragt nach eben diesen Techniken, die neue Technologien übernehmen, um ein Imaginativ zu erfassen.
Gleichermaßen will das Panel diskutieren, in wie weit nicht ein ‚Bild-Imaginativ’ (Film, Video, VR, Drohnen, etc) selbst den Ursprung räumlicher Gestaltung bildet: Räumliche und urbane Projekte zwischen Fakt und Fiktion, Analog und Digital, Individuum und Dividuum, sowie zwischen Kunst und Architektur offenbaren neue architektonische Perpektivierungen für eine zukünftige Gegenwart – die es immer auch reflexiv zu beleuchten gilt.


Scaffolding Desires
Sandra Oehy, Johanna Bruckner
18. November, 12 Uhr
Moving Panel

Räumliche Produktion findet innerhalb globaler Infrastrukturen von Begehren und molekularer Liebe statt. Können unsere Körper Plastizitäten vorschlagen und andere Rituale des Zusammenlebens skizzieren? Die am Workshop teilnehmenden Körper entwerfen beständige und soziale Verantwortlichkeiten, die das (algorithmische) Gerüst, in dem wir arbeiten, zu „Handlungsgerüsten“ verändern.

Treffpunkt: Eingang Giardini/Biennale di Venezia
Bitte kaufen Sie Ihr Ticket für die Biennale im Voraus, falls möglich!

 
Truth and Reconciliation Concert
Hearing 1: Islamophobia

von Björn Bicker und Malte Jelden mit Booty Carrell, Derya Yildirim & Grup Şimşek und internationalen Experten:
Nabila Abdel Aziz (Muslim Story), Arch. Mohamed Amin Al Ahdab (emeritierter Präsident der Comunità Islamica di Venezia e Provinciale), Sadmir Aliovski (Präsident der Comunità Islamica di Venezia e provincial), Asiyya Baldassarri (COREIS), Eren Güvercin (Journalist), Lamya Kaddor (Wissenschaftler), Julia Ley (Muslim Story), Dott. Hamad Mahamed (Imam centro islamico di Marghera), Sumaya Abdel Qader (Stadträtin in Mailand), Mothiur Rahman (Dichter), Halima Rubbo (COREIS), Achim Waseem Seger (Musiker und Dichter), Ahmad Abd-Aliyy Venanzi (COREIS), Yahya Zanolo (COREIS) u.a.
20. November, 18 Uhr
Concert & Talks in den S.A.L.E. Docks – Magazzini del Sale

Europas Populisten und die Neue Rechte haben sich einen gemeinsamen Feind und Sündenbock ausgesucht: Der Islam und damit auch die in Europa lebenden Muslime. Die von ihnen geschürte Angst und Aggression sind längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen, Muslimfeindlichkeit und Islamophobie werden salonfähig. Gemeinsam mit internationalen Expert*innen und Künstler*innen und den friedvollsten Musikern der Welt machen wir uns in der Zeit der Spaltung auf die Suche nach dem Geist der Verständigung. In einer mehrstündigen Konzertperformance sprechen diejenigen, die von Anfeindung und Ablehnung direkt betroffen sind. Wie fühlt es sich an, wegen eines Kopftuchs in der U-Bahn bespuckt zu werden? Wie erklärt man seinen Kindern, dass die eigene Religion nicht zu dem Land gehören soll, das die eigene Heimat ist? Wie begegnet man Stereotypen und Stigmatisierung in den Medien? Wie schafft man es nach einem Anschlag wieder in die Moschee zu gehen? Was ist, wenn sich der Hass längst nach innen, gegen sich selbst gerichtet hat? Hearing 1 ist der Beginn einer Serie von performativen Konzerten. Die große Frage ist, ob Versöhnung noch vor der Katastrophe gelingen kann.

In Kooperation mit COMIV (Comunità Islamica di Venezia) und COREIS (Comunità Religiosa Islamica Italiana)

 

On city curating. In Venice. In Munich. Elsewhere.
Marco Baravalle, Marc Gegenfurtner, Florian Malzacher, Fabrice Mazliah, Barbara Mundel, Susanne Traub, Joanna Warsza
21. November, 18 Uhr
Talk in den S.A.L.E. Docks – Magazzini del Sale

Städte sind komplexe Netzwerke aus Beziehungen, Brüchen, Allianzen und Missgeschicken. Weil Visionen auf lokaler Ebene scheinbar leichter realisierbar sind, kann Kunst in Städten zum Laboratorium dafür werden, wie wir zusammen leben, welche Gesellschaften wir wollen, wie wir auf Nationalismus, Klimawandel oder Gentrifizierung reagieren. In den frühen 2000ern haben Bürgermeister*innen wie Antanas Mockus (Bogota) oder Edi Rama (Tirana) Kunst genutzt, um ihre Ziele zu erreichen – man könnte sagen: sie waren eben auch 'Kurator*innen' ihrer Städte. Wie können – neben Politiker*innen, Stadtplaner*innen und Architekt*innen – Künstler*innen und Kurator*innen zum Verständnis sich schnell verändernder Metropolen beitragen und vielleicht Einfluss nehmen? Wie können Kunst und Kuratieren mit und gegen die Themen unserer Zeit im Kontext Stadt arbeiten?

 

Contemporary stage
Sonja Anders, Avatâra Ayuso, Roberta Da Soller, Sasha Waltz
22. November, 20 Uhr
Talk in den S.A.L.E. Docks – Magazzini del Sale

Angeregt vom Titel "Unbuilding Walls" und den Beiträgen des deutschen Pavillons 2018 fragen wir danach, welche Räume zeitgenössische Formen zeitbasierter Kunst brauchen. Welche und wie viel Architektur braucht eine zeitgenössische Bühne heute? Wie viel Aktion und Interaktion brauchen Räume, um performativ und repräsentativ für eine Gesellschaft zu werden?
Mit welchen Räumen adressieren die performativen Künste zeitgemäß ein Publikum und wieviel Mitsprache hat der Raum im zeitgenössischen Theater? Ist die Bühne mehr Ereignisraum oder doch eher Laboratorium und experimentelle Anordnung? In diesem Kontext diskutieren Choreographin, Theaterregisseurin, Intendantinnen, Performerinnen, um letztlich auch die Frage zu klären: Was ist zu tun? Sind Räume und Architektur zu besetzten, zu verlassen oder neu aufzuladen, um zu klären, welche Rolle die Performative Kunst im Sozialgefüge und der Entwicklung der Städte und deren gesellschaftlichen Zusammenhalt spielen.

 

APPI(A)PPIA
Avatâra Ayuso, Dieter Jaenicke, Ángel Martínez Roger, Héctor Solari, Andrew Todd u.a.
23. November, 18 Uhr
Performance & Talk in den S.A.L.E. Docks – Magazzini del Sale

“Art is an attitude. This attitude should be the collective heritage of humanity” Adolphe Appia

APPI(A)PPIA ist eine Lecture Performance der Choreographin Avatâra Ayuso und von Prof. Ángel Martínez Roger, die uns mitnimmt auf eine ästhetische Reise und Revolution, die Appia vom 19. ins 20.Jahrhundert unternahm. Durch Texte von Appia selbst, denken Avatâra Ayuso und Ángel Martínez Roger über die radikalen und mutigen Vorschläge dieses Bühnenbildners nach, dessen Werk zu einer Verteidigung des aktiven und dreidimensionalen Körpers, von Szenerie und zur Einführung elektrischem Licht führte. Die Arbeit wird ergänzt durch eine Video-Installation von Héctor Solari und ein Gespräch mit Héctor Solari, Dieter Jaenicke, Andrew Todd und weiteren Künstler*innen.
Die Arbeit ist eine Adaption der 2017 im Rahmen von “Constructing the Future” in HELLERAU – Europäisches Zentrum der Künste in Dresden (Direktor Dieter Jaenicke, Kurator Héctor Solari) entstandenen Arbeit

 

“Some people want to run things, other things want to run"
A guided detour von Ofri Cnaani und Fabrice Mazliah
24. – 25. November, tagsüber
Performance
Stadtraum Venedig

 

In einer ganztägigen Performance laden die Künstlerin Ofri Cnaani und der Choreograph Fabrice Mazliah die Besucher*innen auf eine Tour durch Venedig ein, die von jenen Venetianer*innen erzählt wird, die die Stadt in Bewegung halten: vom Gondoliere, der die Flut an Tourist*innen bewältigt, der Gepäckträgerin, die Waren ausliefert, zum Betreiber des Entsorgungsschiffs, der den Müll einsammelt oder dem Polizeischiff, das unwillkommene Migrant*innen aus dem Blickpunkt der Öffentlichkeit entfernt. Zentrum der Arbeit ist ein temporäres Objekt, das von der Biennale Ausstellung durch die Kanäle bis zu seinem letzten Bestimmungsort am städtischen Abfallgelände gebracht wird. Dieses Objekt, das zu Beginn immer noch Teil der außergewöhnlichen Ausstellung ist, wird am Tag nach der Ausstellung zu einem ungewollten Überbleibsel. Das Stück bietet eine Perspektive auf die Bewegung der ‚Reste’ in der Stadt und untersucht die städtischen Infrastrukturen und Arbeitsbestimmungen, die definieren, was ein Relikt in dieser Stadt ist, in der ‚einmalige Ausstellungen’ Routine sind. Zentral ist der Übergang von der Inszenierung der Biennale zu ihren unerwünschten Resten oder Abfällen, die recycelt werden können.

Information Treffpunkt: S.a.L.E. Docks

Weitere Informationen hier.