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Sneak Preview 3: ARCH+ 203

BAUFOKUS: Engergetische Sanierung.

Vevey – Tours de Gilamont: Abreißen, umbauen oder sanieren?

Diese Frage stellte sich die Stadt Vevey als Eigentümerin der “Tours de Gilamont”, zweier 14-stöckiger Hochhäuser, die zwischen 1967 und 1969 im Norden der Stadt im Viertel Gilamont entstanden waren. Die 40 m hohen Wohnhäuser zeigten starke Alterungsspuren, die Fassaden verfielen und die Außenanlagen waren beschädigt. Im Jahr 2000 begann die Stadtverwaltung von Vevey auf Beschwerden von Einwohnern des Viertels Gilamont zu reagieren, die eine Vernachlässigung und damit auch eine soziale Ausgrenzung beklagten. Die Behörden entschieden sich für eine Sanierung und die Anpassung an neue Bau- und Wohnstandards.

Die auch heute noch vor allem an Familien mit niedrigem Einkommen vermieteten 140 Ein- bis Vierzimmerwohnungen wurden in Hinblick auf eine soziale Mischung vergrößert und die Küchen zum Wohnbereich hin geöffnet. Darüber hinaus wurden Gemeinschaftsräume geschaffen und die Außenanlagen aufgewertet. Aufgrund des Umfangs der Arbeiten mussten alle Bewohner ihre Wohnungen für den Zeitraum der Innensanierung verlassen. Die Realisierung der je 70 Wohneinheiten erfolgte in Etappen mit je 14 übereinanderliegenden Wohnungen. Insgesamt wurden so für das gesamte Projekt fünf Etappen à vier Monate veranschlagt.

 
 
 
 
 
 
 

Eine deutliche Reduktion des Energieverbrauchs wurde mit der Fassadensanierung erreicht. Zur Vermeidung von Wärmebrücken war eine durchgehende Ummantelung der Fassade mit Glaswolle erforderlich: Mauern, Dach und Fenster wurden in das System miteinbezogen und gedämmt. Kondensatbildung und Wärmeverluste werden durch ein kontrolliertes Lüftungssystem mit Wärmerückgewinnung verhindert, das für einen ständigen Luftaustausch im Gebäude sorgt. Da für die zusätzlichen Lüftungsrohre im Innern des Gebäudes kein Platz mehr vorhanden war, wurden sie außerhalb des Gebäudes in der Fassadenebene verlegt. Damit dies ohne Wärmeverluste möglich ist, haben der Architekt Patrick Chiché und der Glaswollehersteller Saint-Gobain ISOVER AG für die “Tours de Gilamont” eine Lösung entwickelt, die Kanäle in die Isolationsschicht der hinterlüfteten Fassade zu integrieren. Die Dämmwolle wurde hierzu auf die Größe der Rohre zugeschnitten, um eine optimale Wärmedämmung zu erreichen.

Die “Tours de Gilamont” werden nach der Sanierung als erste renovierte Wohnhochhäuser der Schweiz eine dem Minergie-Label entsprechende Energiebilanz aufweisen. Das Architekturprojekt beschränkt sich jedoch nicht nur auf die grundlegende Sanierung der Gebäude. Die Fassadengestaltung soll der kulturell gemischten Bevölkerung und dem Viertel eine starke visuelle Identität verleihen. So entstand die Idee eines Dialoges aus einer schwarzen und einer weißen Eternitfassade. In Erinnerung an Charlie Chaplin, der die letzten 20 Jahre seines Lebens in Vevey verbrachte, zieren große Wandgemälde die beiden Wohnhochhäuser, die an einer Hauptverkehrsachse der Stadt liegen, über die man Vevey von der Autobahn her erreicht. Diese Lage verleiht den Hochhäusern dadurch eine herausragende Bedeutung für die Wahrnehmung der Stadt, die sich auch “Ville de images” nennt.