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ARCH+ news

ARCH+ 203 erschienen

"Planung und Realität: Strategien im Umgang mit Großsiedlungen"


In den 60er/70er Jahren werden überall in Europa zur Behebung der nach wie vor vorhandenen Wohnungsknappheit Großsiedlungen gebaut. Diese Siedlungen stehen zwar in der Kontinuität der Moderne auf deren Suche nach einer neuen Wohnform und knüpfen an die realisierten Siedlungsprojekte der Zwischenkriegszeit an, es sind aber Experimente in historisch beispiellosen Dimensionen, für die es keine Erfahrungen gab, auf die zurückgegriffen werden konnte – weder was Planung, Bauproduktion und Verwaltung, noch was das Raumkonzept und die Bewohnbarkeit betrifft. Sie sind gleichzeitig Ausdruck des Planungsverständnisses und des ungebrochenen Fortschrittsglaubens der ökonomischen Prosperität der Nachkriegszeit bis Mitte der 70er Jahre, der sogenannten Boomjahre. Mit dem Einsetzen der Postmoderne verkehrt sich der Blick auf diese Siedlungen vollständig, sie repräsentieren nun nicht mehr den Fortschritt, sondern die Fehler der Moderne. Diese Siedlungen sind "in die Jahre gekommen". Viele haben eine Entwicklung hin zum "Sozialen Brennpunkt" genommen, einige "funktionieren" hervorragend. Wie bewerten wir heute dieses ungeliebte Erbe, wie gehen wir damit um?

Die vorliegende ARCH+ Ausgabe unternimmt im ersten Teil eine spannende Zeitreise zurück in die 60er/70er Jahre, um die Entstehungsgeschichte der Siedlungen aus ihrem zeitgenössischen Kontext heraus zu begreifen, um die Kluft zwischen Planung und Realität zu beleuchten, aber auch um jenseits der postmodernen Kritik wieder eine unbefangene Sicht auf die Siedlungen zu gewinnen. Im Fokus "Wohnungsversorgung" zwischen den beiden Hauptteilen der Ausgabe wird ihre nach wie vor große wohnungspolitische Bedeutung aufgezeigt und es werden aktuelle Probleme aus wohnungswirtschaftlicher Sicht angesprochen. Der zweite Teil der Ausgabe beschäftigt sich in zehn Fallstudien anhand konkreter Beispiele aus Deutschland – Ost wie West –, Frankreich, England, Schweiz und den Niederlanden mit der gegenwärtigen Situation. Die Auswahl erfolgte in strategischer Absicht. So ähnlich die Siedlungen zu Beginn ihrer "Karriere" erscheinen mögen, so unterschiedlich präsentieren sie sich heute, und so unterschiedlich sind die Strategien, die im Umgang mit ihnen entwickelt wurden. In den Fallstudien werden neben den Fragen zur sozialen Situation in den Siedlungen Probleme der Stadtentwicklung angesprochen, die über Erhaltung oder Abriss entscheiden, Neubau und Rückbauprojekte vorgestellt und die unterschiedlichen Aufgaben der Bestandserhaltung in der Spannbreite zwischen Denkmalschutz, energetischer Sanierung und Verbesserungen des Gebrauchswert der Wohnungen thematisiert.

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