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Architekturwissen: Buchpräsentation und Podiumsdiskussion

Während es zu Literatur, Film und bildender Kunst seit langem kulturwissenschaftliche Zugänge gibt, steckt die kulturwissenschaftliche Architekturforschung in den Anfängen. Die zweibändige Anthologie "Architekturwissen" von Susanne Hauser, Christa Kamleithner und Roland Meyer will eine Grundlage dafür schaffen.

Dieser kulturwissenschaftliche Zugang zur Architektur war immer Teil des Selbstverständnisses von ARCH+. Bei der Auseinandersetzung mit dem gebauten Raum als Verdinglichung des sozialen, politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Handelns steht für uns allerdings nicht nur die Frage nach der Bedeutung von Architektur als Ausdruck von Vergesellschaftungsprozessen im Mittelpunkt, sondern auch die Feststellung, dass Architektur aktiv in der Gesellschaft und auf die Menschen einwirkt und ihr Handeln strukturiert, zuletzt haben wir dies ausführlich in ARCH+ 204: Krise der Repräsentation diskutiert.

Ähnliche Fragestellungen geht die zweibändige Anthologie "Architekturwissen" nach und untersucht dabei Ästhetik und Logistik des sozialen Raumes: wie richtet Architektur Situationen ein, wie bestimmt sie die Wahrnehmbarkeit von Körpern, Dingen und Praktiken und wie ordnet und steuert sie Prozesse und Abläufe? Nicht diskursinterne Fragen stehen im Zentrum, sondern die Frage, welche Rolle Architektur im sozialen Raum spielt. Damit wird ein im Architekturdiskurs bisher unüblicher Blick auf Architektur eröffnet:

In der Buchhandlung Walther König an der Museumsinsel (Burgstraße 27, 10178 Berlin) wird am Mittwoch, 7. Dezember 2011, um 19.30 Uhr der erste Band von "Architekturwissen" präsentiert und anschließend werden die Herausgeber/innen mit der Kulturwissenschaftlerin Regina Bittner (Stiftung Bauhaus Dessau) über den in der Anthologie vertretenen Architekturbegriff und den Stand der Architekturtheorie diskutieren.

Architekturwissen. Grundlagentexte aus den Kulturwissenschaften
Susanne Hauser, Christa Kamleithner, Roland Meyer (Hg.)
Band 1: Zur Ästhetik des sozialen Raumes
Band 2: Zur Logistik des sozialen Raumes
Bielefeld: transcript, Reihe Architekturen

Architektur ist ein Feld, das den Umgang mit verschiedenen Wissensformen erfordert und dieses Wissen im Entwurf sozialer Räume interpretiert: Architektur richtet Situationen ein und bestimmt die Wahrnehmbarkeit von Körpern, Dingen und Praktiken. Ebenso verteilt, ordnet und steuert Architektur Prozesse und Abläufe.

Der zweibändige Reader versammelt klassische Texte aus den Kulturwissenschaften, die dieses ästhetische und logistische Wissen der Architektur aufschlüsseln. Er legt damit die Grundlage für eine kulturwissenschaftliche Architekturforschung, die Architektur in ihren kulturellen, sozialen, ökonomischen und politischen Zusammenhängen untersucht. Der erste Band umreißt eine Ästhetik des sozialen Raumes, der zweite Band nimmt die Logistik des sozialen Raumes in den Blick:

1. Architektur als Kunst (u.a. Theodor W. Adorno, Jacques Rancière)
2. Techniken der Wahrnehmung (u.a. Erwin Panofsky, Walter Benjamin)
3. Geschichte der Sinne (u.a. Georg Simmel, Alain Corbin)
4. Körper, Leib und Raum (u.a. Ernst Cassirer, Maurice Merleau-Ponty)
5. Lesbarkeit (u.a. Roland Barthes, Jean Baudrillard)
6. Praktiken und Situationen (u.a. Judith Butler, Guy Debord)

Zum Aufbau des zweiten Bandes:

1. Orte und Identitäten (u.a. Martin Heidegger, Doreen Massey)
2. Schwellen und Grenzen (u.a. Mary Douglas, Rem Koolhaas)
3. Anordnungen und Verteilungen (u.a. Michel Foucault, Pierre Bourdieu)
4. Wege und Kanäle (u.a. Marshall McLuhan, Vilém Flusser)
5. Märkte, Eigentum und Verwertung (u.a. David Harvey, Saskia Sassen)
6. Handeln und Entwerfen (u.a. Henri Lefebvre, Bruno Latour)