Der von ARCH+ und der Stiftung Bauhaus Dessau 2012 ausgelobte internationale Wettbewerb “Out of Balance – Kritik der Gegenwart. Information Design nach Otto Neurath” ist entschieden worden. Die Auswahl unter den 180 eingesandten Arbeiten fiel nicht leicht. Die Jury entschied sich dafür, sechs Preise der 1. Kategorie à 2000 Euro, 6 Preise der 2. Kategorie à 1000 Euro und fünf Anerkennungen à 400 Euro zu vergeben (siehe Anlage). Die erfreulich hohe Wettbewerbsteilnahme aus 18 Ländern zeigt das breite internationale Interesse am Information Design, gleichermaßen auch an den brisanten Fragen der Gegenwart:
Umweltverschmutzung und der ökologische Fußabdruck der Wohlstandsgesellschaften bildeten im Rahmen des Wettbewerbs einen größeren Themenkomplex, dabei kam denkbaren Verhaltensänderungen besondere Bedeutung zu. Die soziale Spaltung der Gesellschaft infolge wachsender Einkommensdisparitäten wurde in vielen Beiträgen thematisiert und im Hinblick auf die ungleiche Chancenverteilung und die Auswir- kungen von Armut auf die Lebenslage untersucht. Einen Schwerpunkt bildete dabei die Analyse sozialräumlicher Segregation jeweils am konkreten Beispiel einzelner Städte. Migration und “Wanderarbeit” wurden als Phänomen aufgegriffen, das im Kontext der Globalisierung beständig an Relevanz gewinnt, und sowohl im Hinblick auf soziale Ausgrenzung wie auch als kulturelle Bereicherung der Gesellschaft dokumentiert. Einige Beiträge widmeten sich allein den katastrophalen Lebensbedingungen von Wanderarbeitern. Ein weiterer Themenkomplex beschäftigte sich mit den öffentlichen Aufgaben und Dienstleistungen, die die Basis für den Zusammenhalt einer Gesellschaft bilden, wie Bildungseinrichtungen, medizinische Versorgung, Bevorratung von bezahlbarem Wohnraum etc. Hier wurden vor allem die Fragen nach der Zugänglichkeit und den Folgen von Privatisierung gestellt. Ebenfalls im Kontext des Problems gesellschaftlichen Zusammenhalts wurden die Prozesse politischer Aufklärung, Meinungsbildung und Beteiligung hinterfragt.
Genauso vielfältig wie die gewählten Themen ist auch die grafische Transformation der Inhalte. Viele Arbeiten entwickelten in Anlehnung an Otto Neurath eine eigene Bildersprache und eigenständige grafische Formen, um quantitative Verhältnisse darzustellen. Neben diesen “klassischen” Informationsgrafiken wurden auch andere, neuartige Wege der Übermittlung und Ansprache des Publikums gesucht. Auffällig ist dabei, dass weniger das technische Potenzial der elektronischen Medien als methodische Überlegungen eine Rolle spielen. So scheint im Information Design neben der Abbildung empirischer Fakten durch quantitative Angaben – nach Neurath die “Sprache der Zahlen” – die unmittelbar auf qualitativem Wege transportierte Aussage an Bedeutung zu gewinnen. Hier lässt sich bei aller Unterschiedlichkeit des Vorgehens eine Gemeinsamkeit ausmachen: der Rekurs auf narrative Formen in der Kommunikation von Inhalten. Kurz gesagt, es wird eine Geschichte erzählt. Ob zeichnerisch, fotografisch, filmisch, sprachlich, ob mit den Mitteln der Collage oder in separaten Darstellungen, ob als Fiktion oder Satire, ob mit Understatement oder Übertreibung ist erst einmal zweitrangig gegenüber dem experimentellen Charakter dieser neuen Form von “Informationsgrafik”.
Die 180 eingesandten Wettbewerbsbeiträge wurden in Teams unterschiedlicher Größe von insgesamt 499 Teilnehmern erarbeitet. Rund 62 % der Teilnehmer sind Studenten, der Rest wird von freischaffenden Büros bzw. temporären Arbeitsgemeinschaften gestellt. Der hohe Anteil an Studenten erklärt sich daraus, dass einige Hochschulen sowohl im Design- wie Architekturbereich den Wettbewerb in ihr Lehrprogramm aufgenommen haben. Die Teilnehmer aus dem Bereich der Architektur, Planungs- und Umweltwissenschaften bestreiten rund 49 %, aus dem Bereich des Designs, der bildenden Kunst, von Film, Fotografie und neuen Medien rund 37 %. Die restlichen 14 % werden von Sozial- und Wirtschaftswissenschaftlern, Kommunikations- und Kulturwissenschaftlern, Publizisten und Sonstigen bestritten.